Vor gut einem Jahr saß ich mit Carina von Travel Run Play in einem Münchner Café, wir quatschten über das vergangene Jahr, über das kommende Jahr und ihre bevorstehende Reise. Damals verabschiedeten wir uns mit den Worten “bis nächstes Jahr”. Das daraus aber nichts wird, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.

 

Wie bist du auf die Idee gekommen, für ein Jahr nach Südamerika zu reisen?

Das kam ziemlich spontan – oder zumindest so spontan wie eine Langzeitreise eben sein kann. Mein Freund und ich wollten schon immer für längere Zeit ins Ausland zum Arbeiten. Aber mit den wenigen Urlaubstagen, die man in Ländern wie zum Beispiel den USA oder Australien hat, hätten wir leider nie so viel vom Land sehen können, wie wir eigentlich wollten.
Also haben wir uns überlegt, welcher Kontinent uns für eine Langzeitreise reizen würde und kamen so auf Südamerika. Das war ungefähr im Sommer 2014, ca. 6 Monate vor unserem Reisestart. Keiner von uns beiden war je dort, deswegen dachten wir, sei es doch spannend sich mal da unten umzusehen und wenn wir schon dort sind – warum nicht gleich ein ganzes Jahr? Die Länder in Südamerika sind alle so groß, dass es sich kaum lohnt nur für ein paar Wochen (maximal drei Wochen, wenn man Vollzeit arbeitet) hinzufliegen, vor allem weil der Flug auch sehr teuer ist. Wir haben uns dazu entschieden mit einem Auto loszuziehen, weil wir bereits auf früheren Road Trips durch Thailand, Costa Rica und Schottland gemerkt haben, dass man so sehr viel mehr entdecken kann als der durchschnittliche Backpacker. Mit einem eigenen Auto kommt man an Orte, an denen die normalen Reisebusse leider vorbeiziehen, man ist immer ein netter Blickfang und kommt so gut ins Gespräch mit den Einheimischen (insbesondere die Argentinier und Chilenen stehen auf Camper!).

 

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Wie wohnt es sich auf engstem Raum in einem Bulli?

Super! Man gewöhnt sich wirklich schnell an die begrenzten Platzmöglichkeiten und merkt nach nur kurzer Zeit, dass man mit sehr viel weniger Besitz und Raum zurechtkommt als man denkt. Zudem hat man natürlich auch immer die Natur vor der Nase, die man bei gutem Wetter als riesiges Wohnzimmer nutzen kann.

 

Was würdest du Leuten raten, die das gleiche wie du vor haben?

Gerade, wenn man ein Auto auf einen anderen Kontinent schiffen will, scheint das erstmal völlig überwältigend, weil man anscheinend so viele Sachen beachten muss. Aber hej, es haben schon viele Leute vor Dir geschafft und es gibt unzählige Hilfestellungen und Schritt für Schritt Anleitungen im Internet – und wir haben das schließlich auch hingekriegt! Generell gilt: je kleiner und vor allem je leichter das Auto, desto weniger Verschiffungskosten kommen auf Dich zu.
Außerdem solltest Du Dich auf jeden Fall vorher informieren, welche Automarken und Motoren in den Ländern, die Du bereisen willst, gängig sind und Dir vielleicht nicht das außergewöhnlichste Fahrzeug zum Reisen aussuchen. Wähle lieber ein Modell, mit dem die Mechaniker vor Ort auch etwas anfangen können (im besten Fall mit wenig Elektronik). Denn Du wirst Pannen und Probleme haben, das kann ich Dir jetzt schon versichern und das ist auch ganz normal, wenn man mehrere zehntausend Kilometer über Stock und Stein düst. Und wenn es so weit ist wirst Du heilfroh sein, dass auch der letzte Hinterhof-
Mechaniker im winzigen Dorf, in dem Du liegen geblieben bist, etwas mit Deiner Kiste anfangen kann.
Letzten Endes: nicht zu lange zögern und hadern und überlegen und abwägen, sondern einfach machen und losziehen!

 

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Was ist das verrückteste, was dir auf der Reise bisher passiert ist?

Es gab so viele verrückte Momente, da ist es wirklich schwierig einen einzigen herauszupicken, doch eine Geschichte wird mir wohl mein Leben lang in Erinnerung bleiben:
Auf der Carretera Austral sind wir einem älteren deutsch-holländischen Pärchen begegnet, die seit einigen Jahren schon in Chile wohnten. Eine flüchtige Begegnung von zehn Minuten, doch haben wir uns gut verstanden und Emailadressen ausgetauscht. Wir sollten uns melden, wenn wir bei ihnen in der Gegend sind. Einige Wochen später waren wir dann in der Nähe ihres Wohnorts angekommen, schrieben ihnen eine Mail und prompt luden sie uns zu sich nach Hause ein. In ihr selbstgebautes Haus, direkt unterhalb eines brodelnden Vulkans, mit zwei Lamas, zwei Eseln und zwei Hunden.
Es stellte sich heraus, dass wir bei niemand anderem als dem berühmten Bergsteiger Hans Saler und seiner Frau Truus eingekehrt waren, die natürlich allerhand abenteuerliche Geschichten auf Lager hatten und wir die Abende damit verbrachten ihren Erzählungen zu lauschen. Bis auf einen Abend. Wir bekamen die Nachricht, dass der Vulkan Calbuco, der ein paar hundert Kilometer weiter südlich lag, ausgebrochen war – das Thema des Abends natürlich, vor allem weil Hans vor wenigen Wochen noch selbst auf dem Vulkan stand und ein Seil dort für eine nächste Tour hat hängen lassen. Das nun wohl pulverisiert war. Doch was wir nicht wissen konnten war, was am nächsten Morgen geschah.
Der Morgen brach ein, aber es wurde nicht hell. Dicke Aschewolken rieselten auf uns nieder und bedeckten die gesamte Landschaft mit einem betäubenden Schleier aus grau-brauner Asche. Die Sonne schaffte es nicht sich durchzukämpfen und so war es bis mittags fast so düster wie bei Nacht. Als sich der Schleier zu lichten begann, fingen wir an, Haus und Hof von der Asche zu befreien, doch nur weniger Stunden später war alles wieder zugerieselt.
Das war wirklich ein sehr verrückter Moment. Im Hause einer der berühmtesten Bergsteiger der Welt einen Vulkanausbruch miterleben und dann mit ihm die Asche von seiner Terasse wegputzen. Das wird mir so schnell nicht wieder passieren.

 

Wenn du nach einem Jahr Südamerika die Wahl hättest gleich weiter zu reisen, wohin würde es gehen?

Nachdem das Jahr ja nun schon bald rum ist, kann ich die Frage ziemlich genau beantworten: es geht weiter mit dem Bulli Richtung Norden. Wir werden ihn vermutlich Anfang Januar von Kolumbien nach Panama verschiffen und dann schauen wir mal, wie weit uns seine vier Räder noch tragen werden. Ein genaues Ende der Reise ist gerade noch nicht in Sicht.

Mehr von Carina und ihrem Trip durch Südamerika findet ihr auf Carinas YouTube Kanal

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